02.04.2022 – Ausflug zum Thema Artenvielfalt am Werbelinersee

Verantwortliche: Franka Seidel (Öffentlichkeitsarbeit NSG Werbeliner See), Claudia, Sibylle

           

Franka Seidel stellt sich vor: seit über 15 Jahren im Naturschutz und in der Umweltbildung tätig, studierte Forstwirtin; jetzt tätig im Projektbüro „Naturschutzbezogene Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit zu Natura-2000 im Raum Delitzsch.

An der Infotafel der alten Ortslage Werbelin erläutert Franka anhand von Fotos die Entwicklung des Bergbaus in diesem Gebiet. Was geplant war, wann welche Dörfer abgerissen und wie die Kohle gefördert wurde. Außerdem erzählt sie, dass die entstandenen Abraumschüttrippen deutschlandweit einzigartig und sehr wertvolle Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt sind. Vor dem Kohlebergbau war diese Landschaft aufgrund der sehr guten Böden vom Ackerbau geprägt. Durch den Kohletagebau gingen Dörfer wie Werbelin oder Kattersnaundorf unwiederbringlich verloren.

Für die Natur bot sich jedoch eine einmalige Chance mit dem Entstehen einer Pionierlandschaft, großen Wasserflächen und für die Artenvielfalt wertvollen Offenlandlebensräumen. Das NSG ist aufgrund seiner Größe und Artenvielfalt bundesweit bedeutsam. Außerdem ist es Teil eines europäischen Vogelschutzgebietes. Ganzjährig ist es vor allem für die Vogelwelt ein wichtiger Lebensraum. Viele seltene Arten wie das Blaukehlchen oder der Rothalstaucher brüten hier. Tausende teils sehr seltene Gänse und Wasservögel verbringen hier den Winter oder andere Arten wie die Kolbenente im Spätsommer die Mauser, wo sie ihr komplettes Federkleid wechseln und flugunfähig sind.

Das steigende Besucheraufkommen, besonders seit Corona, ist für die Artenvielfalt jedoch problematisch. Einige Vogelarten sind schon wieder verloren gegangen, aufgrund von Störungen im Uferbereich durch Menschen und Hunde.

Mit dem Fernglas konnten wir genauer auf die Inseln schauen. Auf einer saßen viele schwarze Vögel auf Bäumen. Diese Insel beherbergt also eine kleine Kormorankolonie. Der Seeadler hält sich auch oft auf den Inseln auf. Er benötigt so große Gebiete wie das Naturschutzgebiet Werbeliner See. Seinen Horst hat er allerdings außerhalb des Naturschutzgebietes. Denn er braucht große kräftige Bäume, die das über 1 Tonne schwere Nest tragen können. Zum Jagen fliegt er täglich an den Werbeliner See und wir haben tatsächlich einen Seeadler über uns am Himmel kreisen gesehen. Was für ein Geschenk!!!!

Wir konnten jede Menge Reiherenten sehen und ein Pärchen Haubentaucher, die von allen Wasservögeln den interessantesten Paarungstanz machen. Sie bauen Schwimmnester am Gewässerrand und reagieren empfindlich auf Störungen. Eine Untersuchung am Werbeliner See hat gezeigt, dass sie aufgrund der zunehmenden menschlichen Aktivitäten ihre Bruten abgebrochen haben.

Aufgrund der großen Vielfalt an Lebensräumen auf und rund um die Seen hat sich hier eine große Artenvielfalt entwickelt.

Gemeinsam ordnen wir Bilder hier vorkommender Arten den verschiedenen Lebensräumen des Naturschutzgebietes zu:

Offene Wasserflächen (Biber, Fischotter, Seeadler, Rothalstaucher); Inseln (Uferschwalben, Austernfischer, Möwen) Wasser-Land-Übergangszone wie Schilf und Ufergehölze (Rohrdommel, Rohrweihe, Blaukehlchen); Rohböden und Kiesbänke (Flussregenpfeifer, Sand-Strohblume, Blauflügelige Ödlandschrecke), Wiesen (Feldlerche, Braunkehlchen, Schwalbenschwanz); Halboffenland mit Sträuchern (Wolf, Schwarzkehlchen, Neuntöter) und Wald (Dachs, Habicht, Buntspecht).

Am Ufer sehen wir plötzlich angeknabberte Bäume. Franke erzählt, dass es hier im Naturschutzgebiet vermutlich mehrere Biberfamilien gibt. Sie haben es leicht am See. Denn sie müssen hier nichts anstauen, sondern bauen ihre Burgen im Schilf. Außerdem haben sie ein gutes Nahrungsangebot. Am Ostufer sind unzählige angeknabberte und wieder ausgetrieben Weiden sowie Pappeln zu sehen. Das sind die „Fressgärten“ der Biber für den Winter.

Franka erklärte auch Allgemeines zum Thema Schutzgebiete, das Symbol der Eule, und wie wichtig es ist, größere Schutzgebiete und eine Verbindung dieser untereinander zu haben, damit die genetische Vielfalt erhalten bleibt. Viele Naturschutzgebiete (NSG) sind sehr klein und wenig wirkungsvoll. Die durchschnittliche Größe eines Naturschutzgebietes in Deutschland beträgt 279 qm. Am Werbeliner See sind es über 1500 qm.

Es gibt Vorschriften für Besucher des NSG, zum Beispiel die Wege nicht zu verlassen und Hunde an der Leine zu führen, um den zum Teil sehr seltenen Pflanzen und Tieren ein Fortbestehen zu ermöglichen. Denn jeden Tag verschwinden immer mehr Lebensräume. Umso wichtiger ist es, jedes verbleibende Fleckchen Natur zu erhalten und zu respektieren.

Die Abschlussrunde fällte heute etwas kürzer aus, weil wir alle frieren. Wir bedanken uns bei Franka Seidel für die prima vorbereitete und gelungene Führung!  Es werden noch Informationen gegeben und ausgetauscht was zum nächsten Treffen am 14.04., geplant ist: Es geht um das Thema „Müll“, kombiniert mit einem Kräuterrundgang im Stadtpark.